Heute befasse ich mich etwas intensiver mit den Spielregeln der Deutschen Rentenversicherung und dazu schauen wir auf dem Zeitstrahl zurück zur Gründung dieser Institution.
1889 fiel in Deutschland der Startschuss für die gesetzliche Rentenversicherung. Es war ein bescheidenes soziales Netz, das Reichskanzler Otto von Bismarck geknüpft hatte – aber es war vorbildlich in Europa, denn die Industrialisierung stürzte im 19. Jahrhundert die arbeitende Bevölkerung ins Elend. Alle Arbeiterinnen und Arbeiter ab 16 Jahren waren rentenversichert, dazu „kleine Angestellte“ mit einem Jahresgehalt bis 2.000 Mark. Der Beitragssatz zur neuen Rentenversicherung betrug rund 2%, die Beiträge zahlten wie heute Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen. Auch wer von Invalidität bedroht war, konnte ein Heilverfahren bekommen, denn die Rehabilitation zählte von Anfang an zu den Leistungen der Rentenversicherung.
8. Mai 1945 – in Deutschland war der II.Weltkrieg vorbei. Das Land lag in Trümmern. Auch bei den Rentenversicherungsträgern herrschten chaotische Zustände, denn der Krieg hatte viele Aktenbestände vernichtet. Auch brachte die Teilung Deutschlands im Jahre 1949 weitere Probleme mit sich, denn die Systeme der Sozialversicherung entwickelten sich in den beiden deutschen Staaten auseinander. Während der Westen das traditionell nach Versicherungszweigen gegliederte System der Sozialversicherung beibehielt, führten die Sowjets im Osten eine Einheitsversicherung ein.
1957 erfolgte die Rentenreform, ein Meilenstein in der Geschichte der gesetzlichen Rentenversicherung. Ab sofort wurde die Rentenhöhe anhand der im Lauf der Jahre eingezahlten Beiträge berechnet und nicht mehr nach den absoluten Beträgen früherer Löhne. Zur Finanzierung der Rentenversicherung führte der Gesetzgeber das reine Umlageverfahren ein: die aktuellen Beitragszahler finanzieren die laufenden Renten. Zum ersten Mal sprach man vom Generationenvertrag, der die Verantwortung der Generationen füreinander betont.
Mit einer weiteren Rentenreform im Jahr 1972 öffnete die gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige und Hausfrauen. Seitdem können alle, die nicht pflichtversichert sind, freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung entrichten.
Die erste gesamtdeutsche Rentenreform trat im Januar 1992 in Kraft. Die Rentengesetze für Arbeiterinnen und Arbeiter, für Angestellte und Bergleute wurden ab da im neuen Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusammengefasst und vereinheitlicht.
Das im Jahr 2001 beschlossene Altersvermögensgesetz stellte das System der Altersvorsorge in Deutschland auf eine neue Grundlage. Seit 2002 wird die gesetzliche Rente durch eine kapitalgedeckte betriebliche oder private Altersvorsorge ergänzt. Der Staat fördert diese private Altersvorsorge, denn die staatliche umlagefinanzierte Rente reicht nicht mehr aus und ohne private Vorsorge droht die Altersarmut. Sie bildet neben der gesetzlichen und der betrieblichen die sogenannte dritte Säule im Drei-Säulen-Modell der Altersversorgung in Deutschland. Die neue Form der staatlichen Förderung firmiert unter dem Begriff „Riester-Rente“, weil sie auf den Vorschlag von Bundesarbeitsminister Walter Riester (1998 bis 2002) eingeführt wurde. Das Ziel, den Lebensstandard zu sichern, soll seitdem im Zusammenwirken der drei Säulen realisiert werden.
Das sind schon mächtig viele Reformen, welche das System der staatliche Altersversorgung durchlaufen hat. Für mich ein Zeichen, dass sich die Spielregeln hier jederzeit und immer wieder ändern können. Der Blick zurück zeigt, wie sie sich stets an sich verändernde demografische, soziale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen angepasst hat. So wird sie es auch in Zukunft halten, damit sie bleibt, was sie ist: die wichtigste Säule der Alterssicherung in unserem Land. Verpflichtend für Arbeiter und Angestellte und freiwillig für freie Berufe und Selbstständige.
Die Deutsche Rentenversicherung basiert rein auf dem Umlagesystem. Die arbeitende Bevölkerung zahlt in die Rentenkasse ein und die Rentenkasse zahlt den Betrag sofort wieder an die Ruheständler wieder aus. Das dieses System nicht funktioniert zeigen die stetig wachsenden Bundeszuschüsse zur Rentenkasse. Wurden im Jahre 1950 bereits 341 Mio. EUR Zuschüsse gezahlt, betragen die Bundeszuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung in Jahre 2020 bereits 75.302 Mio EUR. Also ist hier schon mal Vorsicht angesagt.
Wie wird nun die staatliche Rente berechnet? Dazu dienen Rentenpunkte oder Entgeltpunkte, diese ermitteln den Anspruch auf die gesetzliche Rente. Die Arbeitnehmer sammeln solche Rentenpunkte über das gesamte Berufsleben. Jedes Jahr gibt es neue Durchschnittsentgelte, mit denen die Rentenpunkte berechnet werden. Durch die Anzahl an Rentenpunkten und den Wert zum Zeitpunkt des Renteneintritts können Arbeitnehmer die Höhe ihrer gesetzlichen Rente errechnen. Die Anzahl der Rentenpunkte hängt von der Höhe des Einkommens ab. Sie orientieren sich am jährlichen Bruttodurchschnittsgehalt aller Personen, die in die Deutsche Rentenkasse Beiträge einzahlen. Ein Rentenpunkt entspricht genau dem Bruttodurchschnittsgehalt, in 2021 beträgt dieser 41.541 EUR. Sollte Ihr Verdienst nur halb so hoch sein, wird Ihnen ein halber Rentenpunkt zugeschrieben. Und sofern Sie exakt doppelt so viel verdienen wie der Durchschnitt, bekommen Sie genau 2,0 Rentenpunkte. Diese Rentenpunkte landen dann Jahr für Jahr auf dem Rentenkonto. Ein Rentenpunkt entspricht aktuell 34,19 EUR Rente pro Monat. Hat man also aktuell 25 Rentenpunkte angesammelt, würde man 25 x 34,19 EUR = 854,75 EUR monatlich an Rente bekommen. Nun kann jeder relativ schnell sehen, dass die staatliche Rente beim Eintritt in der Ruhestand für ein sorgenfreies und selbst bestimmtes Leben nicht ausreichen wird. Entweder arbeitet man weiter oder ist auf Sozialhilfe angewiesen. Im Prinzip sind hier die Spielregeln klar, Pflichtversicherung für Arbeiter und Angestellte mit unbefriedigten Ausgang. Als Selbstständiger habe ich allerdings etwas andere Gestaltungsmöglichkeiten. Früher war ich pflichtversichert, doch vor 17 Jahren bei Eintritt in die Selbstständigkeit erhielt ich den Status der Freiwilligkeit. Um unterbrechungsfrei meine Beitragsjahre zusammen zu bekommen, zahlte ich seither etwas mehr wie den Mindestbetrag in den Rentenversicherung ein, der überwiegende Teil ging in die private Altersvorsorge. Die gezahlten Rentenversicherungsbeiträge erfolgen bei Selbständigen vor Steuer, d.h. sie mindern meinen ausgewiesen Gewinn für die Steuer.
Nach dem erfolgreichen Geschäftsjahr in 2021 habe ich entschieden, meine staatliche Rente mit einer freiwilligen Sonderzahlung um ein paar Punkte zu erhöhen. Wie waren da meine Überlegungen? Nun ich bin auf der Zeitachse nur noch 7 Jahre und 2 Monate vom Renteneintrittsalter entfernt. Zahle ich den Höchstbetrag (ca. 15.700 EUR) heute ein, so erhöht das meine Altersrente um 2 Punkte = 68,38 EUR monatlich. Lebe ich noch 20 Jahre (also bis zum gesegneten Alter von 87), so erhalte ich 20 Jahre x 12 Monate / Jahr = 240 Monate x 68,38 EUR = 16.411 EUR zurück. Die Rechnung ist ohne eine Rentenanpassung gerechnet, so dass das Verhältnis von Einzahlung zur Auszahlung sogar noch besser sein wird. Dazu kommen noch die steuerlichen Vorteile im aktuelle Jahr, denn die Steuerzahlung wird auf die Rentenzeit verschoben. Man muss bedenken, dass man die Rente später mal versteuern muss, diese wird aber deutlich niedriger ausfallen wie beim aktuellen Einkommen.
Wir ihr seht, kommt man nicht umhin sich mit den Spielregeln des Lebens zu beschäftigen. Jeder hat einen individuellen Hintergrund was Alter, Beruf und Lebenssituation angeht, da gibt es keine Standardlösungen. Bei mir ist die staatliche Rente ein Teil meiner Strategie der Altersvorsorge. Hinzu kommt das passive Einkommen aus Dividenden, Beteiligungen und Mieteinnahmen. Edelmetalle und Immobilien dienen als Versicherung, im Falle von Hyperinflation oder Krisenzeiten. Diese können mit zunehmenden Alter in Barvermögen umgewandelt werden, sollten das passive Einkommen mal nicht mehr ausreichen.