Investor versus Spekulant

Letzte Woche war ich beratend tätig und habe für einen zukünftigen Investor die Kapazität eines produzierenden Betriebs unter die Lupe genommen. In diesem Zusammenhang hatte ich mir Gedanken gemacht, wie ein Investor einen solchen möglichen Deal beurteilt. Dabei sind mir zwei grundsätzliche Strategien bewusst geworden, die des Händlers und die des Produzenten.

Der Handel
Schon seit Jahrtausenden gibt es die Händler, welche die Differenz zwischen Nachfrage und dem Angebot eines Marktes zu ihren Gunsten nutzten. Pelze gab es in Russland zur Zeiten der Hanse im Überfluss. Im damaligen reichen Holland aber waren Pelze Mangelware und ein Zeichen von Reichtum. Die Händler kauften also günstig oder im Tausch mit Waren aus Holland den russischen Pelzjägern die Ware ab, schipperten sie nach Holland und verkauften sie dort teuer. Der Händler, oder auch Trader hat also die Strategie billig zu kaufen und teuer zu verkaufen. Damit spekuliert er mit seinem eingesetzten Kapital auf einen Kursgewinn und lebt von der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis. Durch den heutigen Überfluss an Waren, sowie der Verfügbarkeit von Handelsinformationen (Kauf- und Verkaufspreise) wird der Handel immer schwieriger, denn die Differenz zwischen Nachfrage und Angebot ist sehr klein geworden. Auch damals bei der Hanse zerstörte der 30jährige Krieg den Handelsraum der Hansekaufleute und an einen geordneten Warenverkehr war nicht mehr zu denken. Und merke, beim Handel ist der Buchgewinn kein Gewinn, solange er nicht realisiert wird.

Die Produktion
Hersteller von Produkten denken im Gegensatz zu Händlern aber komplett anders. Der Produzent setzt sein Kapital für Werkzeug oder Maschinen ein, mit denen er Produkte produzieren kann, die er dann verkauft. Er würde nie auf die Idee kommen, ständig am Markt nach dem Preis seiner Werkzeuge oder Maschinen zu fragen, denn mit dem Verkauf seiner Produktionsmittel würde er sich ja die Existenz seiner Herstellung entziehen. Die Denke des Produzenten ist also ertragsorientiert. Das Ziel ist es mit dem eingesetzten Kapital einen positiven Cashflow erwirtschaften. Damit qualifiziert er sich als Investor und nicht als Spekulant. Natürlich versucht der Produzent seine Produktionsmittel zu möglichst günstigen Preise einzukaufen, denn das erhöht seinen Gewinn. Auf die Börse übertragen bedeutet dies, der Investor sucht nach günstigen Unternehmen, wenn möglich noch mit deutlichen Wettbewerbsvorteilen, investiert in solche und freut sich an dem positiven Cashflow der Dividendenzahlungen. Nach Robert Kiyosaki zählt eine Anschaffung nur dann als Investment, wenn es einen positiven Cashflow erzeugt. Unternehmen die Gewinne nicht ausschütten sondern wieder reinvestieren gehören demnach zu den spekulativen Investments, denn es wird darauf gewettet, dass der Preis des Unternehmens steigt. Sie erzeugen auch kein passives Einkommen und tragen somit nicht zu finanziellen Freiheit des Investors bei. Alle Investments die einen keinen oder sogar einen negativen Cashflow erzeugen, zählen für den Autor der „Rich Dad Poor Dad“ Serie in der privaten Bilanz zu den Verbindlichkeiten. Dazu gehören der Privat-PKW, das Eigenheim, die Ferienwohnung, Schmuck, Kunst und Antiquitäten. Allerdings Edelmetalle, speziell in der Form von Münzen, bilden eine Ausnahme, denn diese sind als Barmittel, Cash oder auch echtes Geld zu bewerten.

Wir sehen uns mit den gesetzten Zielen eher als ertragswertorientierte Investoren und werden uns deshalb mehr auf den positiven Cashflow bei einer Geldanlage fokussieren. Trotzdem suchen wir natürlich nach günstigen Einstiegspreisen, werden aber dann ein Cashflow positives Investment gemäß der Buy & Hold-Strategie solange wie möglich halten.

Investor versus Spekulant