Gordon’s Dividenden Wachstumsformel

Wir haben von Warren Buffett gelernt, bei Aktien zwischen dem Preis (Price is what you pay) und dem Wert eines Unternehmens (Value is what you get) zu unterscheiden. Der Preis des Unternehmens ist sehr leicht an der Börse zu sehen, der Wert allerdings ist schon deutlich schwieriger zu ermitteln. Ich vergleiche gerne Aktien mit einer vermieteten Immobilie, denn beide sind Investitionen in Sachwerte.

Bei einer Immobilie ist der Wert relativ schnell zu ermitteln, denn man nimmt die Jahreskaltmiete und teil diese durch den Kaufpreis und dann mal 100. Dies entspricht der Mietrendite und diese kann man dann gegen andere Renditen aus dem Anlagespektrum vergleichen. Hier eine exemplarische Berechnung für eine vollfinanzierte Immobilie:

Wohnfläche: 65 m²
Miete: 6,40 EUR/m² = 416 EUR/m² x 12 = 4.992 EUR Jahreskaltmiete
Kaufpreis: 170.000 EUR
Mietrendite = 4.992 EUR / 170.000 EUR x 100 = 2,9% (= deine Eigenkapitalrendite)

Nehmen wir nun eine Aktie heran, dann können wir die Dividenden der Jahreskaltmiete gleichsetzen und die Beurteilung ist dann gleich.

Dividende pro Aktie: 1,30 EUR
Preis pro Aktie: 26,40 EUR
Dividendenrendite: 1,30 EUR / 26,40 EUR x 100 = 4,92%

Die Aktie hat somit eine bessere Eigenkapitalrendite als die Wohnung und bei dieser sind die Kaufnebenkosten von ca. 10% noch gar nicht abgezogen. Würde ich also mein Eigenkapital von 170.000 EUR in Aktien anlegen, dann hätte ich jährliche Dividendeneinnahmen von 8.364 EUR. Nun weiß ich, dass die Aktie rentabler als eine Immobilie ist, doch die Frage ist, ob die Aktie auch günstig bewertet ist.

Die fundamentale Quelle eines Vermögenswertes erwächst aus den zu erwartenden Kapitalzuflüssen (Cashflow), die man erhält, wenn man dieses Asset besitzt. Diese zukünftigen Cashflows gilt es nun zu diskontieren, denn zukünftige Zahlungen sind nicht so viel Wert wie gegenwärtige. Die Gründe für die Diskontierung der Zukunft sind die Existenz eines risikofreien Zinssatzes, das sind Erträge sicherer alternativer Assets wie Regierungsanleihen- oder mit AAA bewertete Bonds. Diese würden mir als Anleger ermöglichen, einen heute investierten Euro morgen in eine höhere Summe zu transformieren. Dazu addiere ich noch einen Inflationsausgleich und eine Risikoprämie.

Diskontier Rate oder erforderliche Aktienrendite = Risikofreier Zins + Inflationsausgleich + Risikoprämie

Risikofreier Zins = 0,05% Staatsanleihe
Inflationsausgleich = 4,5% (Schätzung: Preissteigerungen der persönlichen Ausgaben)
Risikoprämie = 5,5% (meine Mindestrendite bei Aktienanlagen)
erforderliche Aktienrendite = 0,05% + 4,5% + 5,5% = ca.  10%

Nun kann ich Aktienerträge bewerten, in dem ich die Dividende ins Verhältnis zur Diskontierungsrate und dem Dividendenwachstum mit folgender Formel setze:

Fairer Aktienwert P = Dividende d / (erforderliche Aktienrendite r – Wachstumsrate der zukünftigen Dividenden g)

Gordons Dividendenwachstumsmodell => P = d / (r – g)           mit Prämisse r > g

Nehmen wir das aktuelle Beispiel eines langjährigen Dividendenzahlers wie Procter&Gamble (WKN 852062):

Aktueller Kurs: 105,50 EUR
Dividende pro Jahr: 2,74 EUR (Summe der letzten 4 Quartalsdividenden)
Dividendenwachstum: 5,48%
Erforderliche Aktienrendite: 10%

Fairer Aktienwert P&G = 2,74 / (0,1 – 0,0548) = 2,74 / 0,0452 = 60,62 EUR

Bewertung: (Aktueller Kurs / fairer Aktienwert x 100) – 1
= (105,5 EUR / 60,62 EUR x 100) – 1 = 74% überbewertet

2020-05-19_P+G Dividenden

Mit dieser einfachen Formel ermittelt man nun bei Aktien relativ schnell den Wert und kann dann gleich die Preis-Wert-Beurteilung durchführen. Dies verhindert emotionale Käufe an den Aktienmärkten und von Spekulation getriebenes Verhalten. Für mich ist der Ertragswert wichtig, denn Dividenden oder Mieteinnahmen bekomme ich als passives Einkommen ausgezahlt. Kursgewinne sind eine schöne Nebenerscheinung, aber nicht ausschlaggebend für meine finanzielle Unabhängigkeit.

 

 

Gordon’s Dividenden Wachstumsformel